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Aktuelles - Details

Die Zukunft der Welt: Zweites Abitur unter Coronabedingungen am Gymnasium an der Heinzenwies

Es war das zweite schriftliche Abitur, das am Gymnasium an der Heinzenwies unter Coronabedingungen geschrieben werden musste. Die Furcht vor der anrollenden Omikronwelle hatte die Verantwortlichen im Bildungsministerium bewogen, die Bedingungen nochmals zu verschärfen: Es galt Maskenpflicht auch am Platz und ein Sicherheitsabstand zwischen den Tischen von zwei Metern. Großes Aufatmen daher bei den Heinzenwies-Verantwortlichen am vergangenen Montag: Mit Physik und Chemie waren auch die letzten Abiarbeiten ohne Zwischenfälle geschrieben. Zu jeder der schriftlichen Arbeiten, die zwischen dem 5. und dem 17. Januar stattfanden, waren alle Schülerinnen und Schüler gesund anwesend.

Inhaltlich war das diesjährige Abitur vielseitig wie immer und in vielen Fächern ging es um nichts weniger als um die Zukunft der Welt. Im Fach Sozialkunde konnten die Abiturientinnen und Abiturienten zwischen den Themenbereichen „Die Europäische Union“ und „Politische Theorien und Staatsformen“ wählen. Das erste der beiden Themen beschäftigte sich mit der Frage, ob die EU die richtige Antwort auf die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts ist, was EU- Haushaltskommissar Johannes Hahn in einem Interview vehement bejahte. Er lobte auch den 750 Milliarden schweren Wiederaufbaufonds der EU zur Bewältigung der Corona-Krise, die somit auch wieder ihre Spuren im Abitur hinterließ.

Ebenso tauchte im Fach Englisch das zweite Problem auf, das die Welt derzeit in Atem hält: die Klimakrise. Der Sachtext „Canadian inferno: northern heat exceeds worst-case climate models” erzählte von den Auswirkungen des Klimawandels anhand des Beispiels des kleinen, unbekannten Ortes Lytoon in Bristish Columbia, wo im Juni/Juli 2021 nie dagewesene 49,6 Grad Celsius gemessen wurden.

In eine andere Ecke der Welt reiste das Fach Erdkunde gedanklich: Zwar konnten die Schülerinnen und Schüler auch hier zwischen zwei Themen wählen, jedoch entschieden sich alle für den Themenvorschlag „Kenia – Entwicklungsland mit großem Potential?” So sollten die Prüflinge Kenia als Teil der neuen Seidenstraße betrachten, Kosten und Nutzen für das Land analysieren wie auch touristische Potenziale ausloten.

Auch das Fach Chemie beschäftigte sich in einem der beiden Themen mit einem zukunftsweisenden Thema, der Elektromobilität. Für Erheiterung sorgten bei den Schülerinnen und Schülern die fiktiven Herren Müller und Eising, die ab und zu bereits im Unterricht aufgetaucht waren. In der Abituraufgabe war Herr Müller stolzer Besitzer eines E-Autos mit einer Ameisensäure-Brennstoffzelle und Herr Eising Besitzer eines Teichs mit Koi-Karpfen. Als eines Morgens alle Fische tot sind, hat Herr Eising den Verdacht, die Ameisensäure aus dem Tank des Autos von Herrn Müller könnte in seinen Teich hineingelaufen sein. Diesen Verdacht sollten die Chemie-Abiturientinnen und -Abiturienten nun fachlich beurteilen. Das zweite Chemie-Wahlthema untersuchte die Inhaltsstoffe von Softdrinks.

In Biologie konnten sich die Schülerinnen und Schüler entscheiden, ob sie die Muskelerkrankung Duchenne-Muskeldystrophie (DMD) näher untersuchen wollten, oder ob sie die Brillenschlange sowie die Harlekin-Kreuzotter, die beide zu der Familie der Giftnattern gehören, eingehender unter die Lupe nehmen wollten.

Das Wahlthema „Deutschland zwischen Demokratie und Diktatur – Gesellschaft im Nationalsozialismus, Holocaust und Nachgeschichte“ im Fach Geschichte setzte sich intensiv mit der Ausgrenzung und Verfolgung der Juden im Nationalsozialismus auseinander – angesichts des Missbrauchs der Namen jüdischer NS-Opfer wie Anne Frank bei Corona-Kundgebungen im vergangenen Jahr eine wichtige Aufgabe. Das zweite Wahlthema in Geschichte hatte die Revolution in der DDR im Jahre 1989 auf dem Plan.

Im Mathematik-Abitur galt es, die Bereiche Analysis, lineare Algebra und Stochastik zu bearbeiten. Das Stochastikthema blickte in die Glaskugel und prophezeite einen Basketball-Weltmeister Deutschland im Jahr 2027. Dies, so die Aufgabe, löse einen Boom der Anmeldezahlen bei der Basketballabteilung des TV 1848 Oberstein aus. Wenn 30% der Mitglieder älter als 30 Jahre sind und wenn ein Viertel der über 30-jährigen Mitglieder Männer sind, wie hoch ist dann die Wahrscheinlichkeit, dass ein zufällig ausgewähltes männliches Mitglied älter als 30 Jahre ist? Das fragte die erste Aufgabe der Stochastikaufgaben.

Magisch-esoterische Implikationen wies überraschenderweise auch das Thema eins im Fach Physik auf: Es ging nämlich um das Pendel, das bis heute von Menschen benutzt wird, um die Zukunft zu befragen. Im Abitur hingegen sollte die Pendelbewegung mathematisch erfasst werden. Das zweite Physikthema stellte die Eigenschaften von Wellen in den Mittelpunkt.

Ebenfalls in eine magische Welt tauchten die Abiturientinnen und Abiturienten im Wahlthema eins im Fach Deutsch auf. In Storms Gedicht „Walpurgisnacht“, das mit einer Szene aus Goethes Faust I verglichen werden musste, tummelten sich Hexen und Teufel auf dem Blocksberg. Das vom Ministerium zentral gestellte Deutschthema – die Erörterung eines pragmatischen Textes – hingegen untersuchte ganz diesseitig Sprache als soziales Distinktionsmerkmal. Im dritten Deutschthema – traditionell dürfen die Schülerinnen und Schüler hier zwischen drei Themen auswählen – galt es, ein Gedicht des Expressionisten Paul Zech mit einem aus der Romantik stammenden Gedicht von Joseph von Eichendorff zu vergleichen. Dabei hieß es in Zechs Gedicht wiederum durchaus prophetisch:

„Wir müssen schnell die Riemen fester schnallen

Und ducken uns vor Fremdenhaß und Lästerfluch.“

 

(Francesca Schmidt)