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Formel 1 an der Heinzenwies
Heinzenwies-Teams erringen die Titel „Landessieger 2020 – Junior und Senior“ beim Wettbewerb „Formel 1 in der Schule“
Die aktuelle Begabtenförderungsgruppe-Physik des Gymnasiums an der Heinzenwies, bestehend aus den Neuntklässlern Katharina Bohrer, Evelyn Hirsch, Jannis Ruhk, Jan Schuler und Elia Wrzesinski machten sich zu Beginn des Schuljahres zusammen mit ihrer Lehrerin Christine Fell an die Umsetzung eines sehr ehrgeizigen Projekts, nämlich an die Teilnahme in der Junior-Klasse des Wettbewerbs „Formel 1 in der Schule“.
Es handelt sich hierbei um einen multidisziplinären Wettbewerb für Schüler im Alter von 11 bis 19 Jahren, aufgeteilt in die Junioren- und Senioren-Klasse.
Die Aufgabe besteht darin, einen Miniatur-Formel 1-Rennwagen am Computer selbst zu entwickeln, ihn fertigen zu lassen und schließlich mit ihm an Rennen bei den Regionalwettkämpfen und Landesmeisterschaften teilzunehmen, bei denen sich die besten dann für die Deutsche Meisterschaft qualifizieren können.
Angetrieben werden diese Autos durch eine Gaspatrone, die am Start durch einen Knopfdruck geöffnet wird. Wie Geschosse sausen sie dann ins 20 Meter entfernte Ziel. Durchschnittsgeschwindigkeiten von über 60 km/h sind dabei keine Seltenheit. Schnelligkeit ist aber nicht alles. Entscheidend ist die Teamleistung aus Konstruktion, Fertigung, Reaktionszeit, Fahrzeuggeschwindigkeit, Businessplan und Präsentation.
Angetrieben und motiviert durch die Leistungen des Heinzenwies-Teams „Diamond Bulls“ des Vorjahres, bestehend aus Yash Agrawal, Lea Brusius, Felix Heuser, Niklas Leyendecker, Katharina Wild und neu hinzugekommen Marie Fischer, die in diesem Jahr in der Senior-Klasse durchstarten wollen, machte sich das neu zusammengestellte Team „Red Jasper“ (Roter Jaspis) bereits in der letzten Sommerferienwoche voller Elan auf zu einem einwöchigen Praktikum am Umwelt Campus Birkenfeld unter Leitung von Herrn Stefan Hirsch zur Erlernung der Grundlagen im Umgang mit der Konstruktionssoftware Siemens NX, für die sie auch in diesem Zug eine kostenfreie Einjahreslizenz erhielten.
Die Erfahrungen des Vorjahres zeigten, dass bei der Konstruktion des Autos zwei Punkte entscheidend sind: Die Aerodynamik und die Masse. So entschied sich die Gruppe möglichst auf Ecken und Kanten im Vergleich zum Vorjahresauto zu verzichten, sodass eine windschnittige und leicht zu verarbeitende Grundform entsteht, die auch bei der späteren Lackierung nicht zu größeren Schwierigkeiten führt. Die Luftverwirbelung durch die rotierenden Räder sollte durch stehende Radkappen minimiert werden. Um die Masse zu reduzieren und trotzdem das 20-seitige Regelwerk einzuhalten, das für sämtliche Bemaßungen Beschränkungen vorgibt, entschied sich der Konstrukteur Jan Schuler zusammen mit den anderen Teammitgliedern für eine möglichst flache und schmale Form des Chassis, ähnlich einem Spaceshuttle, das durch etwas größere Reifen deutlich höher gelagert ist und somit auch die Luftumströmung optimiert.
In Kooperation mit der Firma Automatendrehteile Römer aus Niederwörresbach wurden schließlich die Räder, Achsen und Radkappen gefertigt. Als Material wurde Alu gewählt, da der Raddurchmesser bei der Fertigung aus dem leichteren POM zu Problemen führte. Bereits im Vorjahr wurde die Qualität der Räder ausdrücklich durch die Jury gelobt, sodass die Grundform und die doppelte Keramikkugellagerung beibehalten wurde.
Die Front- und Heckspoiler, die als additives Bauteil an das Chassis angefügt werden müssen, wurden wie im Vorjahr von der Firma Horbach Technik aus Idar-Oberstein im 3D-Druckverfahren aus Resin hergestellt.
Das Chassis wurde vom Umwelt Campus auf einer 5-Achs-CNC-Fräse gefräst. Zur Veredlung des Rennwagens stellte die Firma Groh + Ripp aus Idar-Oberstein dem Team kleine speziell angefertigte rote Jaspissteine, passend zum Teamnamen, als Radkappenzierelemente zur Verfügung. Dieses Alleinstellungsmerkmal sollte die Verbundenheit des Teams mit ihrer Heimat, der Edelsteinregion Idar-Oberstein, symbolisieren. Ohne die vielen ortsansässigen Firmen, Sponsoren und Gönner wäre eine Teilnahme an diesem Wettbewerb nicht möglich.
Nach Fertigstellung aller Komponenten, weit nach dem eigentlichen Zeitplan, konnten diese zu einem Rennwagen zusammengefügt werden. Es blieb aber leider für eine professionelle Lackierung keine Zeit mehr und das Team musste improvisieren. Schließlich wurden in einer regelrechten Hauruck-Aktion verschiedene Porenfüller und Lacke getestet und letztlich innerhalb von zwei Tagen mit Unterstützung des Hausmeisters Andreas Schweig die Autos lackiert und als Highlight das selbst designte Logo in die oberste Lackschicht gelasert. Das Senior-Team hingegen konnte sich über die Unterstützung des Autohauses Nahetal freuen.
Das abschließende Wiegen ließ allerdings die Hoffnungen auf eine gute Rennzeit schwinden. Die Autos waren doch wieder schwerer als gedacht. Die einzige Möglichkeit, so kurz vor dem Wettbewerb noch irgendetwas zu ändern, waren die Räder. So entschloß sich das Team Red Jasper eine kleine Testreihe zu starten. Ein Probeauto wurde auf der hauseigenen, 20m langen Rennbahn einmal mit Radkappen und einmal nur mit Radmuttern getestet. In allen Läufen brachte die geringere Masse der Radmuttern gegenüber der Reduzierung der Luftverwirbelung durch die Radkappen den entscheidenden Vorteil. So wurden schweren Herzens die extra angefertigten Radkappen von den Rennwagen abmontiert und die Radkappenzierelemente an den Radmuttern angebracht. Das Resultat war eine Punktlandung. Die drei Wettbewerbsautos brachten alle eine Masse von 55,50 g mit minimalen Abweichungen im Hundertstel-Gramm-Bereich auf die Waage, exakt das Mindestgewicht.
Aber auch die Präsentation, das Portfolio und die Teambox mussten noch einem Feinschliff unterzogen werden, was die Belastbarkeit des Teams stark auf die Probe stellte. Mit Erfolg! Donnerstags wurden alle wettbewerbsrelevanten Teile fertig, das Portfolio noch mit Unterstützung der Firma Maurer Druck Idar-Oberstein gedruckt und die Teambox probehalber aufgebaut. Alles war bereit, freitags sollte es losgehen.
Doch dann kam alles anders. Gerade als der Stress und die Anspannung der Zufriedenheit und Vorfreude wich, die letzten Sachen für die Fahrt zusammengepackt wurden, wurde der Regionalentscheid „Süd-West“ in Mannheim aufgrund des Corona-Virus abgesagt. Es war ein richtiger „Freitag, der 13-te“, der letzte Schultag vor Schließung des regulären Betriebs. Eigentlich wollten sich an dem Wochenende Teams aus Baden-Württemberg, der Schweiz, Hessen und Rheinland-Pfalz im fairen Wettstreit messen, Erfahrungen austauschen und Freundschaften schließen. Die Enttäuschung bei allen Beteiligten war groß.
Trotzdem wurde den Teams die Möglichkeit der Teilnahme an einer „Virtuellen Meisterschaft“ eingeräumt, zu der die Wettbewerbsunterlagen eingesandt werden mussten. In diesem Rahmen erzielte das Team „Diamond Bulls“, den zweiten Platz in seiner Altersklasse mit einem Gesamtergebnis von 135,43 Punkten und trägt nun den Titel „Landessieger Senior 2020“. Das Team „Red Jasper“ belegte den dritten Platz in der Junior-Klasse mit einem beachtlichen Gesamtergebnis von 243,25 Punkten und trägt nun den Titel „Landessieger Junior 2020“. Zudem war ihr Auto das zweitschnellste des gesamten Regionalentscheides mit lediglich 1,151s für die 20m lange Strecke, mit nur einer Hundertstelsekunde Rückstand auf den Erstplatzierten. Beide Teams haben sich somit für die Deutsche Meisterschaft qualifiziert.
Leider ist noch nicht absehbar, ob oder wann es eine Deutsche Meisterschaft geben wird. Sobald die Schule wieder regulär geöffnet hat, werden die Rennwagen der Teams im Eingangsbereich ausgestellt sein und sicherlich wird es auch noch einmal die Möglichkeit geben die Autos in Aktion zu sehen. Wann es wieder heißt: „Herzlich willkommen zu Formel 1 an der Heinzenwies“, wird rechtzeitig über die Homepage der Schule und die lokale Presse bekanntgegeben.